Polymerfraktionierung
Fallbeispiele
Die Gründe für eine Polymerfraktionierung sind so unterschiedlich wie die Anwendung der Polymere selber. Die folgenden Beispiele stammen daher aus sehr unterschiedlichen Bereichen.
Aufarbeitung / Reinigung von biologisch hergestellten Polymeren
Mittels der Polymerfraktionierung lassen sich die niedermolekularen Bestandteile aus biologisch hergestellten Polymeren abtrennen und sich die Wertstoffe so in hoher Reinheit gewinnen.
Anwendungen in der Medizin
Bei der Verwendung von Hydroxyethylstärke als Blutplasmaexpander stören sowohl die kurzen als auch die langen Ketten. Die kurzen Ketten verlassen den Körper sehr schnell durch die Nieren und sind daher ineffektiv. Die langen Ketten sind hingegen gar nicht mehr nierengängig und werden in die Haut eingelagert, wo sie Juckreize verursachen können.
Ein anderes bekanntes Beispiel ist Hyaluronsäure, die bei Augenoperationen als Viskoelastikum oder bei Arthroseerkrankungen als natürlicher "Schmierstoff" zur Anwendung kommt. Durch Fraktionierung können die Eigenschaften gezielt auf die individuelle Anwendung eingestellt werden.
Störende Bestandteile bei Photolacken
Photolacke, wie z.B. Novolak werden bei der Herstellung von elektronischen Schaltplatten in Mikro- und Submikrometerbereich verwendet. Dabei stören oligomere Bestandteile, da sie noch ausreichen flüchtig sind und sich daher an ungewollten Stellen abscheiden können. Dadurch verhindern sie eine weitgehende Miniaturisierung. Durch Abtrennung der oligomeren Bestandteile kann dieses Problem gelöst werden.
Filterstaub bei der Membranherstellung
Bei der Herstellung von Filtrationsmembranen (z.B. aus Celluloseacetat oder -nitrat) entsteht oft sogenannter Filterstaub, der die Poren der Membran zusetzt und so die Performance deutlich herabsetzt. Zudem kann der Filterstaub herausgelöst werden und ins Filtrat gelangen. Der Filterstaub besteht aus dem kurzkettigen Membranmaterial und wird bei dem Herstellungsprozess nach dem Phaseninversionsprinzip an die Oberfläche der entstehenden Membran transportiert, wo er ausfällt und die Poren blockiert. Eine Entfernung der kurzkettigen Bestandteile reduziert die Bildung von Filterstaub deutlich.
Herstellung von Proben unterschiedlicher Molmasse
Durch die Fraktionierung einer breitverteilten Probe lassen sich Fraktionen mit unterschiedlicher Molmasse gewinnen. Dies ist zum Beispiel sinnvoll, wenn die Beziehung zwischen den Eigenschaften des Polymers und der Molmasse untersucht werden sollen, aber keine geeigneten Synthesemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ein bekanntes Beispiel für eine molekulargewichtsabhängige Eigenschaft wird durch die Kuhn-Mark-Houwink Beziehung beschrieben, die die Abhängigkeit der Intrinsischen Viskosität von der Kettenlänge wiedergibt.
Lebensdauer des Kunststoffs
Oft reduzieren bestimmte Bestandteile eines Polymeren dessen Lebensdauer. Dies können z.B. die kurzkettigen Anteile des Polymeren selber (da sie als Weichmacher fungieren oder die Endgruppen einen negativen Einfluss haben) oder sonstige Verunreinigungen sein. Durch die Polymerfraktionierung können diese störende Bestandteile entfernt oder auf ein ausreichendes Maß reduziert werden.
Fraktionierung nach der Chemie
Co-Polymere (wie z.B. Polystyrolacrylnitril, SAN) weisen oft nicht nur eine Verteilung des Molekulargewichts, sondern zusätzlich auch eine Verteilung der chemischen Zusammensetzung auf. Unter bestimmten Umständen lassen sich solche Polymere auch nach der Chemie fraktionieren und sich so die Eigenschaften für bestimmte Anwendungen optimieren.
Fraktionierung nach der Architektur
Bei der Synthese vno komplexeren Architekturen, wie z.B. verzweigte Polymere oder Sterne, entstehen oft auch lineare Ketten oder Sterne mit geringerer Armzahl als ungewollte Nebenprodukte. Mittels der Fraktionierung lassen sich diese Bestandteile entfernen.
Standards für analytische Zwecke
Durch wiederholte Fraktionierung lassen sich aus breitverteilten Polymeren auch Proben mit sehr geringen Uneinheitlichkeiten erhalten. Diese Proben können dann als Standards, wie z.B. bei der Gelpermeationschromatographie (GPC/SEC) verwendet werden.
Die hier aufgeführten Fallbeispiele der Polymerfraktionierung wurden während der Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitskreis von Prof. B. A. Wolf an der Johannes Gutenberg-Universität durchgeführt. Es handeln sich dabei um bereits veröffentlichte Arbeiten.